Alex Gerritsen, Geschäftsführer von PERM4 | Permanent Recruiting, sieht unter anderem die Flexibilität und Motivation seiner Mitarbeiter, flache Hierarchien und eine "We culture" als wichtige Faktoren, um gut durch die Krise zu kommen. Zudem spricht er in unserem spannenden Interview über "mentale Flexibilität" und neue Kompetenzen, die im Rekruiting von Mitarbeitern in der Zukunft noch wichtiger werden.
Welche Faktoren waren für PERM4 I entscheidend, um bislang gut durch die Corona-Krise zu kommen?
Das waren verschiedene Faktoren. Der erste war, dass wir „auf Knopfdruck“ nahezu 100% Remote-Working umsetzen konnten. Innerhalb von 24 Stunden konnten aufgrund der vorhandenen technischen Infrastruktur gut wie so alle unserer Mitarbeiter von zu Hause aus zu arbeiten.
Zudem hat uns die hohe Flexibilität unserer Mitarbeiter, das hohe Commitment sowie das proaktive Agieren unseres Führungsteams geholfen, von Tag 1 an gut mit der Situation umzugehen.
Hinzu kommt, dass wir einen sehr loyalen Kundenstamm haben, für den wir auch in dieser für alle schwierigen Zeit arbeiten durften und Vakanzen besetzen konnten. Dabei war es auch wichtig, mit potenziellen Kandidaten eng in Kontakt zu bleiben und alle möglichen Szenarien transparent aufzuzeigen. Das hat enorm geholfen, um die Kunden und Kandidaten trotz der Krise zufriedenzustellen.
Zudem half uns sicher das solide Fundament, das wir uns in den letzten Jahren geschaffen haben. So haben wir in der Krise von unseren klar geregelten, standardisierten Prozessen und Workflows profitiert. Jeder wusste genau, was zu tun ist, was seine Rolle ist und wie was umgesetzt wird. Das hat insbesondere beim Thema „Remote working“ geholfen.
Als wesentlichen Erfolgsfaktor sehe ich aber auch unsere Kultur, die jetzt von flachen Hierarchien und einem „Wir-Gedanken“ geprägt ist. Das war nicht immer so. Wir kommen von einem „Spirit“, der davon geprägt war, erst an sich selbst zu denken. Heute haben wir eine „We culture“ statt einer „Me first culture“. Dieser Wandel hat uns auch für diese herausfordernde Situation sehr stark gemacht.
Zu guter Letzt hat uns natürlich auch die Möglichkeit der Kurzarbeit sowie unsere stabile Investorenstruktur geholfen, gut durch die Corona-Krise zu kommen.
Unabhängig von PERM4 I… Sehen Sie, aufgrund von Corona, für die Zukunft nachhaltige Veränderungen in der Art wie Organisationen arbeiten werden?
„Remote-Working“ hat aus meiner Sicht klar seinen Nutzen bewiesen. Die Bürokultur wird sich folglich ändern und das Pendel-Verhalten der Mitarbeiter. Viele Meetings können jetzt online durchgeführt werden. Das spart nicht nur Reisezeit, sondern ist auch für die Umwelt sinnvoll.
Im Großen wird es nach den zum Teil dramatischen Engpässen Veränderung im Bereich der Lieferketten geben. Es werden vermehrt regionale bzw. nationale Strukturen in den Vordergrund treten. Dabei werden die Firmen zum Vorreiter, die dies smart und effizient lösen.
Natürlich erleben Unternehmen derzeit auch, dass die Cashflow-Reserven (über)lebenswichtig sein können. Auch hier wird es zu Anpassungen in der Finanz- und Investitionsplanung kommen.
Betrachte ich unseren Bereich der Personalvermittlung, so erhält zum Beispiel die Probezeit von Kandidaten einen noch größeren Stellenwert. Unternehmen werden noch genauer hinsehen, ob der neue Kollege auch wirklich gut ins Team passt. Dabei werden neben den fachlichen Kompetenzen von Mitarbeitern, auch die Anpassungsfähigkeit an auftretende Veränderungen, die heutzutage normal sind, im Vordergrund stehen.
Zudem werden immer mehr Themen in den digitalen Bereich verlagert. So müssen sich Unternehmen Gedanken machen, wie sie zum Beispiel neue Mitarbeiter digital „onboarden“ oder Talententwicklungsprogramme in Hybrid-Formaten anbieten.
Schließlich sehe ich auch eine Werte-Verschiebung im Bereich Beruf und Freizeit. Ich sehe hier zukünftig nicht nur bei der jüngeren Generation einen hohen Anspruch auf eine ausgewogenen Work-Life-Balance und das Streben nach Sinnhaftigkeit im Job, sondern auch bei erfahrenen Mitarbeitern der Generation X.
Welche Faktoren sind aus Ihrer Sicht entscheidend, damit sich Organisationen auf deutliche Veränderungen des Umfelds (Markt, Gesellschaft) einstellen können? Anders formuliert: Was macht organisatorische Anpassungsfähigkeit aus?
Das Stichwort „Mentale Flexibilität“ steht hier für mich im Vordergrund. Denn der Status-quo ist immer nur vorübergehend. Gebraucht wird jetzt eine Haltung, die Veränderungen als Chance sieht und sie mit offenen Armen begrüßt. Diese „Veränderungs-Kompetenz“ wird auch im Recruiting von neuen Mitarbeitern eine immer größere Rolle spielen. Denn wenn Mitarbeiter dies nicht verinnerlicht haben und alles wie es ist bewahren wollen, werden sie von anderen überholt.
Auf der organisatorischen Ebene sehe ich das ähnlich. Hier werden sich die Unternehmen durchsetzen, die sich mit hoher Geschwindigkeit anpassen können. Mehr noch: Diejenigen, die entsprechende Frühwarnsysteme etabliert haben, die Veränderungen auf dem Markt antizipieren und darauf kurzfristig reagieren können, sehe ich ganz klar an der Spitze.