Ein Mobilisierungsartikel für einen der wichtigsten und schönsten Bereiche jedes Unternehmens
Liebe CHROs, liebe HR Business Partner, und alle anderen, die ihr berufliches Herz einem der wichtigsten und schönsten Bereiche eines jeden Unternehmens verschrieben haben – dem Personalbereich!
Dieser Artikel ist ganz persönlich für Sie und ein Ausdruck der Wertschätzung für die vielfältigen Beiträge, die der HR-Bereich leistet. Wertschätzung für Ihren unermüdlichen Einsatz für die Mitarbeiter Ihres Unternehmens. Für Ihr Engagement für ein Höchstmaß an Professionalität und Menschlichkeit von der Rekrutierung neuer Kollegen, über deren Weiterentwicklung bis zur Verabschiedung. Für Ihr Herzblut, wenn Sie schwierige Tarifverhandlungen bis in die Nacht führen. Ihre stetige und so wichtige Erinnerung, dass – wenn man überzeugt ist, dass die Mitarbeiter das höchste Gut einer jeden Firma sind – man auch die Rahmenbedingungen entsprechend gestalten muss.
Und dabei haben Sie es wahrhaftig nicht immer leicht. Oftmals fehlen die Wertschätzung und Anerkennung für Ihre wichtige Mission. Viel zu oft gibt es doch immer wieder subtile Hinweise darauf, dass die HR-Themen nicht den gleichen Stellenwert genießen, wie beispielsweise ein Anliegen des Finanzbereichs, obwohl auch dieser ja schließlich nur ein interner Dienstleister des operativen Kerngeschäfts ist. Nicht immer klingt Respekt durch, wenn von den "Personalern" oder "ÄiitschArrlern" gesprochen wird. Immer wieder kommt es vor, dass man Sie zu spät einbezieht und Ihren Bereich manchmal als Umsetzungsmuskel für Entscheidungen behandelt, die man aus HR-Sicht anders hätten treffen müssen.
Aber – und bitte verstehen Sie mich nicht falsch – ein beleidigtes "Mimimimimiiii" bringt Sie hier nicht weiter. Und mal Hand auf's Herz: Kann es eventuell sein, dass der Personalbereich am Ende des Tages unter Umständen sogar zu dieser Außenwahrnehmung beigetragen hat? Also – natürlich nicht in Ihrem Unternehmen. Aber vielleicht so generell, als Klischee?
Der Personalbereich war seit jeher auf Identitätssuche, was sich auch in den Begrifflichkeiten ausdrückt, mit denen er sich selbst über die Jahre bezeichnet. Die gute alte Personalabteilung musste irgendwann dem Begriff "Human Resources" weichen. Schließlich transportierte "Personalabteilung" viel zu sehr das spießige Image eines Verwaltungsbereichs aus einem Theo-Lingen-Film der 50er Jahre des letzten Jahrhunderts.
Und über lange Zeit war "Verwaltung" ja auch die Aufgabe des Personalbereichs: Lohnabrechnung, Arbeitsverträge administrieren, Entlassungspapiere vorbereiten – that's it. Aber die Anforderungen und der Zeitgeist änderten sich und damit auch die Terminologie. Und mit "Human Resources Management" war man doch schon viel näher am Geschäft und machte deutlich, dass die Menschen als Ressource ein wertvolles Gut sind, das professionell gemanagt werden will. Wobei – und das ist meine ganz persönliche Meinung – der Begriff "Humanressource" nach meinem Sprachempfinden kurz vor "Biomasse" kommt. Schön ist das nicht. Aber dennoch, der Begriff hat sich durchgesetzt.
Sei's drum. Letztlich war auch mit "Human Resources" noch nicht viel über die Rolle der einzelnen Akteure gesagt, die ja "imagemäßig" immer noch den leicht verknitterten Anzug des Verwaltungsangestellten trugen, der die "Humanressource Mitarbeiter" administriert. Und in diesem Geist wurde dann in den 90er Jahren wohl der "HR Business Partner" geboren, der diesem Klischee endgültig ein starkes Statement entgegensetzte. Mit HR Business Partner sagte man selbstbewusst, mit fester Stimme und geradem Rücken: Ich bin dabei. Ich gestalte. Ich bin ein Partner des Kerngeschäfts. Endlich!
Aber mal ehrlich, ist dieses Statement wirklich so smart und heute noch zeitgemäß?
Wie viele Finanzer kennen Sie, die sich als Finance Business Partner bezeichnen? Ich glaube, ich habe das mal in einem Unternehmen gesehen, aber es erscheint mir eher die Ausnahme zu sein. Und warum? Die guten Finanzbereiche haben einfach das Selbstverständnis, Teil des Geschäfts zu sein und agieren auch entsprechend. Sie müssen das daher nicht sagen. Stellen Sie sich mal den Sales Business Partner vor. Oder den Operations Business Partner. Wenn man sich als "Partner des Geschäfts" bezeichnet, hat das ein bisschen was von dem etwas schmächtigen Kind, dass bei der Mannschaftsaufstellung beim Fußball mit dem Finger schnippt und sagt: "ich will auch mitspielen".
Und wenn dann im nächsten Strategiemeeting noch Sätze fallen wie: "Also, aus meiner HR-Perspektive empfehle ich Ihnen....", hat man endgültig deutlich gemacht, dass man keine wirkliche Verantwortung für das Geschäft übernimmt. Auf diese Weise positioniert man sich als Fachexperte und als Berater, aber nicht als integraler Bestandteil des Unternehmens, der das Gesamtgeschäft gestaltet.
Der gestaltende HR-Kollege sagt: "Wenn wir als Unternehmen gemeinsam das Ziel X erreichen wollen, denke ich, dass wir diese und jene Kompetenzen in unserer Organisation aufbauen sollten...". Oder: "Wir sollten unsere Strukturen und Führungsprinzipien dahingehend überprüfen, ob Sie eine Kultur fördern, die unsere Wachstumsstrategie unterstützt. Ich schlage daher vor, dass wir...".
Worte sind wichtig, weil sie neben dem Inhalt auch Haltung und Rolle transportieren. Die vielen schillernden Spielarten von Jobtiteln, die in den letzten Jahren entstanden sind - vom Chief People Officer bis zum Chief Happiness Officer – zeigen aber, wie stark der Personalbereich noch immer auf der Suche nach sich selbst ist.
Diese Identitätssuche ist auch Ausdruck davon, dass die Rolle des HR-Bereichs sich weiter wandelt, und zwar in eine Richtung, in der dessen Bedeutung weiterwächst. Die Faktoren, die dazu beitragen, sind allgegenwärtig und auch nicht ganz neu.
Der demografische Wandel macht den Wettbewerb um Talente weiterhin immer intensiver. Allerdings sind aufgrund des oftmals hinterherhinkenden Bildungssystems die Berufseinsteiger nicht immer gut auf die Jobwelt vorbereitet und brauchen ein gutes Onboarding und Unterstützung in der Weiterentwicklung. Unabhängig von der Berufserfahrung stehen die Menschen in einer VUCA-Welt unter immer größerem Druck, eigenverantwortlich, agil und flexibel auf sich ständig verändernde Rahmenbedingungen einstellen zu müssen. Auch das ist eine Gestaltungsaufgabe. Und nicht zuletzt Corona hat die radikale Veränderung der Arbeitswelt noch massiv beschleunigt. Da wird ein schlagkräftiger HR-Bereich schnell zum Wettbewerbsvorteil.
Diesen Wettbewerbsvorteil aufzubauen, ist allerdings eine ganzheitliche Gestaltungsaufgabe, die an mehreren Stellen ansetzen muss. Drei Schritte sind dabei besonders entscheidend:
1. Die strukturelle Verankerung und die unternehmerische Perspektive der HR-Führung
2. Die systematische Entwicklung der Menschen im HR-Bereich
3. Der Ausbau von digitalen Steuerungsinstrumenten
Ein wesentlicher Aspekt für einen starken HR-Bereich, ist dessen strukturelle Verankerung. In dem 2018 erschienen Buch "Talent Wins" des damaligen globalen McKinsey Chefs und zweier weiterer profilierter Autoren wird dafür plädiert, dass die Führungsspitze jedes Unternehmens aus drei Personen besteht: CEO, CFO und CHRO. Diese Triade steht stellvertretend für die wesentlichen Grundpfeiler jeder Organisation: Strategie und Kerngeschäft, Menschen und Finanzen.
Sicherlich kann es auch wichtig sein, weitere Funktionen in der obersten Führungsriege zu etablieren (z.B. COO oder CSO). Das hängt nicht zuletzt auch vom Geschäftsmodell ab. Aber die vorab genannten Rollen sind sozusagen unabhängig vom Geschäftsmodell gesetzt. Das ist einerseits ein Statement, das Strahlkraft in die ganze Organisation entfaltet. Andererseits stellt es auch Diversität in der Entscheidungsfindung sicher.
Mindestens ebenso entscheidend, wie die strukturelle Verankerung, ist dann die Frage, mit welchem Selbstverständnis und welcher Perspektive die HR-Führung den Bereich einsetzt. Was ich bei sehr starken Personalern, mit denen ich zusammenarbeiten durfte, beobachtet habe, war eine durch und durch unternehmerische Perspektive und der Blick auf das "große Ganze", der diese Menschen so erfolgreich agieren ließ.
Der Startpunkt deren Denkens und Handelns war die systematische Verknüpfung der originären HR-Fragestellungen mit dem Markt und den Unternehmenszielen. Sie starten also mit der Frage, wie sind unsere Marktbedingungen und was müssen wir als Unternehmen dafür erreichen. Was ist unsere Vision und was sind unsere Ziele und unsere Strategie? Von dort aus kann man dann fragen: Was brauchen wir für Kompetenzen, um diese Ziele zu erreichen? Wie rekrutieren wir genau diese Mitarbeiter und entwickeln die, die wir haben? Unterstützt unsere Kultur die Zielerreichung? Sind unsere Strukturen und Prozesse so gestaltet, dass sie bestmöglich darauf einzahlen, was wir vorhaben?
Und durch diesen ganzheitlichen Blick, ergab sich dann eine gewachsene Partnerschaft zwischen den anderen Funktionsbereichen des Unternehmens und dem Personalbereich – völlig unabhängig vom Jobtitel. Personaler, die so agieren, erwerben sich natürliche Autorität, egal ob sie Chief People Officer oder Leiter Personalabteilung heißen.
So schnell, wie sich die Rahmenbedingungen für Unternehmen verändert haben, so schnell haben sich auch die Anforderungen an HR verändert. Das bedeutet aber nicht, dass die HR-Mitarbeiter auch systematisch in diese Richtung weiterentwickelt wurden. Diese Entwicklungsaufgabe muss daher in vielen Unternehmen noch aktiv angegangen werden.
Und hierbei geht es nicht nur um Mindset, sondern auch um Kompetenzen, die einer systematischen Entwicklung bedürfen. Der Weg hierhin startet mit der Zusammensetzung des HR-Teams. Unser Vorschlag: suchen Sie neben HR-Experten auch gezielt nach Menschen aus dem sogenannten Kerngeschäft ohne HR-Hintergrund und machen Sie HR zu einem Karrieresprungbrett für Kollegen, die perspektivisch General Management Verantwortung tragen wollen. Das sorgt für Perspektivvielfalt im Team.
Zusätzlich ist es entscheidend, die unternehmerische Sicht auf HR immer wieder deutlich zu machen. Strukturieren Sie Ihr nächstes HR-Meeting doch mal aus einer Gesamtunternehmensperspektive. Diskutieren Sie beispielsweise zunächst mit Ihren Kollegen die Marktbedingungen. Das umfasst in erster Linie den Absatzmarkt, aber sicherlich auch den Arbeitsmarkt. Lassen Sie dann von jedem Teammitglied mal die Unternehmensvision, Ziele und Strategie erläutern und diskutieren Sie anschließend die daraus resultierenden Schlussfolgerungen für den HR-Bereich. Verorten Sie dann Ihre bestehenden Aktivitäten und überlegen Sie, wo die Schwerpunkte des Bereichs eventuell adjustiert werden müssen. Wenn Sie diese Übung alle drei Monate wiederholen, kultivieren sie automatisch einen anderen Blick.
Um diesen Blick zu schärfen, hilft es manchmal, das Gesamtbild auf einer Seite zu sehen. Wir nutzen für solche Themen, daher ein von uns entwickeltes Online-Tool, das den Bezug zwischen den wesentlichen Eckpfeilern der Organisation auch visuell verdeutlicht. Auf diese Weise kommt man automatisch auf Diskussionen, wie die Strukturen die Kultur prägen und welche Kompetenzen man benötigt, um die Unternehmensziele zu erreichen.
Dadurch, dass sich bei diesem Online-Instrument jeder individuell mit den einzelnen Dimensionen beschäftigen kann, dies mithilfe virtueller Post-its dokumentiert, um das Ergebnis dann im Team zu diskutieren, kommt eine sehr intensive, aber auch strukturierte Durchdringung der Thematik zustande. Die einzelnen Aspekte werden hierdurch auch weniger isoliert, sondern in ihren Wechselwirkungen betrachtet – ganzheitlich eben.
Apropos Online-Tools. Nur die wenigsten HR-Abteilungen haben heute eine wirklich gute digitale Infrastruktur. Wenn es um die Datenbasis von Entscheidungen im HR-Bereich geht, wird es nach dem Headcount, der AU-Quote und der Fluktuationsrate manchmal schon etwas dünn. Im dem oben bereits erwähnten Buch "Talent Wins" wird die Arbeitsweise heutiger Personalbereiche häufig mit dem von Controllingabteilungen in der Zeit vor Excel verglichen.
Und in der Tat werden zwar digitale Systeme für HR-Administration eingesetzt, für HR-Steuerung sieht es hingegen mager aus. Allerdings gibt es für den HR-Bereich mittlerweile eine Vielzahl wirklich schlagkräftiger Instrumente, mithilfe derer eine viel gezieltere Gestaltung der Rahmenbedingungen möglich wird - ob für Kulturthemen, Talent Management und Organisationsentwicklung. Diesem zentralen Thema haben wir vor kurzem einen eigenen Beitrag gewidmet, so dass es hier nicht weiter vertieft werden soll.
...sagte schon Victor Hugo. Die HR-Ära ist nun bereits seit einigen Jahren angebrochen, was auch der Popstar-Status von Managern wie Janina Kugel zeigen. Dennoch ist der Umsetzungsstand in vielen Unternehmen noch nicht da, wo er sein könnte. Das bedeutet aber letztlich nur, es gibt eine riesige Chance hier etwas zu bewegen. Und zwar egal ob als HR Business Partner, Chief Happiness Officer oder Personalvorstand.