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Das Drama mit den Audits!
Warum Management Audits mehr Relevanz, Realitätsnähe und Fokus auf Vertrauen brauchen.
Das Drama mit den Audits!
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Schlechte Management Audits gleichen manchmal einem Drama mit dem Titel "Der verglühende Komet!". Ein gutes Management Audit bietet hingegen Entwicklungschancen für Kandidaten und für Unternehmen. Wie das gelingen kann finden Sie hier.

Drama "Der verglühende Komet" – Szene 1 – Die Methodenschlacht

CEO-Anwärter Schmidt sitzt schwitzend vor dem Intelligenztest. Das psychometrische Persönlichkeitsprofil wurde schon erstellt. Jetzt noch ins zweistündige Behavioral Event Interview mit dem Managementdiagnostiker und dann anschließend den Strategie Case nach einer Vorlage der Harvard Business School machen. Insgesamt 6 Stunden das Gefühl beim Personalberater auf dem Grill zu liegen. Track Record und Referenzen wurden genau geprüft. Anschließend ein zweistündiges Gespräch mit zwei Aufsichtsräten und zwei Vorständen. Dann die Entscheidung. Schmidt wird es. 12 Monate später fliegt Schmidt raus.

Drama "Der verglühende Komet" – Szene 2 – Jetzt erstmal unters Mikroskop

Seit sechs Monaten ist Michaela Hohlmann die neue Sprecherin der Geschäftsführung eines alteingesessenen Textilunternehmens. Bislang immer Kostenfokus und Effizienzoptimierung. Jetzt starker Wachstumskurs mit neuer Sustainability-Kollektion. Erste Gespräche mit bestehender Führungsmannschaft und starkes Stirnrunzeln. Können die das? Beauftragung von Personalberater mit Management-Diagnostik – das volle Programm: Business Cases, fiktive Rollenspiele, etc. Ergebnis: zwei exzellente Leute gehen, weil sie sich unters Mikroskop gelegt fühlen. Einer wird aufgrund der Auditergebnisse entlassen. Drei bleiben mangels Alternativen (für beide Seiten). Die Neuausrichtung des Unternehmens stockt. Hohlmann beschleicht auch das Gefühl, dass die verbleibenden Führungskräfte ihr nicht vertrauen.

Drama "Der verglühende Komet" – Szene 3 – Wining und Dining

Familienunternehmer Ströbel sucht externen Fremdmanager, um seinen gerade in die Geschäftsführung aufgerückten Sohn dabei zu unterstützen, das Unternehmen in eine glanzvolle Zukunft zu führen. Er weiß um die Tragweite der Entscheidung und startet mit seinem Sohn ein dreistufiges Audit nach Unternehmerart: Erstens Abendessen im Edelrestaurant, zweitens halbtägige Golfrunde und drittens gemeinsames Wochenende mit Ehefrauen auf Schloss Gutsherr. Man mag sich -man versteht sich. Die Vorstellungen über das Geschäft scheinen zu passen. Los geht's. 18 Monate später sitzt Ströbel an seinem alten Platz. Sein Sohn gründet gerade ein FinTech Start-up in Berlin. Der neue GF passte nicht zur Kultur des Unternehmens und bei der Strategie hatten alle drei auf einmal sehr unterschiedliche Vorstellungen. Da musste Ströbel wieder ran.

So eine Tragödie ist nicht nur für den Kandidaten tragisch,...

...sondern für alle Beteiligten und im schlimmsten Fall ist der verglühende Komet das gesamte Unternehmen. Über die unmittelbaren Kosten von Rekrutierungsfehlern auf Senior Management Ebene gibt es die beeindruckendsten Schätzungen. Noch dramatischer dürften aber die Opportunitätskosten nicht umgesetzter Strategien sein, wie das in der zweiten Szene dieses Stücks in dem Textilunternehmen angedeutet wird.

Nun geht es in diesem Beitrag aber keinesfalls darum, die Durchführung von Management Audits generell in Frage zu stellen. Ganz im Gegenteil ist die Auswahl und Einschätzung von Top-Führungspersonen wahrscheinlich eine der schwersten und weitreichendsten Aufgaben, die ein Eigentümer, ein Aufsichtsrat oder eine Geschäftsführung verantwortet. Und zwar sowohl bei neuen als auch bei bestehenden Kollegen. Insofern kann dieser Thematik nicht genug Aufmerksamkeit geschenkt werden. Vielmehr geht es darum herauszuarbeiten, wie so ein Prozess so aufgesetzt werden kann, dass hierdurch möglichst viele relevante Einsichten gewonnen werden können und gleichzeitig keine negativen Einflüsse auf das gegenseitige Vertrauen entstehen.

Relevanz, Realitätsnähe und Fokus auf Vertrauen sind die wichtigsten Ansprüche für ein sinnvolles Management Audit.

Und genau diese Ansprüche scheinen in den eingangs geschilderten Szenen nicht berücksichtigt worden zu sein. Guckt man sich die einzelnen Szenen an, so schimmert im ersten Fall durch, dass zwar viele standardisierte Tools eingesetzt wurden, die aber scheinbar wenig Bezug zum konkreten Unternehmen aufwiesen. Auch fällt auf, dass die künftigen Kollegen sehr wenig Zeit mit dem Kandidaten verbracht haben. Sogar weniger als der Auditor. Und vielmehr als ein Interview wird bei diesem Treffen nicht stattgefunden haben. Die Bewertung erfolgte somit überwiegend im Labor und der Kandidat dürfte sich nicht als Teil des Teams gefühlt haben, sondern er lag buchstäblich auf dem Grill.

Im zweiten Fall mag das methodisch ähnlich abgelaufen sein. Hier kommt aber vor allem erschwerend hinzu, dass das Prozessdesign dazu führte, dass die Vertrauensbasis zwischen der neuen CEO und der Führungsmannschaft nachhaltig beschädigt wurde, weil der Zeitpunkt und das Prozessdesign des Audits an sich bereits ein Misstrauenssignal waren. "Ich bin die neue CEO, vieles wird sich ändern und ich weiß nicht, wen ich auf die Reise mitnehmen will!", war die deutliche Botschaft, die von diesem Prozess ausging. Und im dritten Fall fehlte es scheinbar an jeglicher Systematik, weil der Fokus ausschließlich auf dem eher zwischenmenschlich geprägten Austausch gelegen hat.

Der Kern eines guten Audits besteht vom ersten Schritt darin, relevante und realitätsnahe Situationen zu erzeugen, bei denen man sich gegenseitig auf Augenhöhe begegnen kann. Um dieses Ziel zu erreichen, ist das gesamte Prozessdesign sehr entscheidend. Hierbei stehen vor allem drei Punkte im Vordergrund.

1. Aktive Einbindung der internen Beteiligten

Ein besonders erfolgskritischer Faktor einer guten Entscheidung besteht darin, den "Bewerter" zum Beteiligten zu machen, anstatt die Einschätzung des Kandidaten an den externen Auditor zu delegieren. Wenn wir bei BridgeBrain Audits für die zweite Führungsebene durchführen, sind beispielsweise immer der oder die CEO sowie CHRO aktiv bei nahezu allen Schritten dabei. Und aktiv bedeutet beispielsweise bei Rollenspielen nicht nur zu beobachten, sondern selbst in eine Rolle zu schlüpfen.

Bei einem Auditprozess haben wir die Kandidaten beispielsweise vor dem eigentlichen Tag des Audits gebeten, drei kurze Videos aufzunehmen, bei dem sie sich in maximal 30-60 Sekunden den wichtigsten Stakeholdern vorstellen sollten – ihrem zukünftigen Chef, ihren Mitarbeitern und ihren Kunden. Diese Videos wurden am Anfang des Audits eingespielt und darauf wurde eine Unterhaltung zwischen einem der Teilnehmer des Auditteams (CEO, CHRO und Berater) und dem Kandidaten aufgebaut. Jeder der Teilnehmer des Teams schlüpfte dabei in eine Rolle, die er oder sie bestmöglich ausfüllen konnte und interagierte dabei sehr natürlich mit dem Kandidaten. Bei späteren Diskussionen von Case Studies, waren CEO und CHRO immer Teil eines fiktiven Managementteams, das mit dem Kandidaten die Erkenntnisse aus dem Business Case diskutierte. So entsteht Eindrücklichkeit und man verbringt auch Zeit miteinander, anstatt sich auf ein standardisiertes Interview zu beschränken.

2. Relevanz und Realitätsnähe schaffen

Standardisierte Diagnostik, z.B. von Verhaltensstilen oder auch die Bearbeitung von Business Cases ist wichtig, um eine vergleichbare Basis zu schaffen, durch die man einen Eindruck vom jeweils einzuschätzenden Kandidaten erhält. Allerdings ist es zusätzlich zu den Standards entscheidend, dass Situationen geschaffen werden, die nahe an den tatsächlichen Aufgaben der Führungskräfte sind, deren Potential eingeschätzt werden soll.

Bei der Bewertung von internen Kandidaten kann das beispielsweise schlicht dadurch gelingen, dass man idealerweise gar nicht die Bewertung der Führungsperson in den Vordergrund stellt, sondern die Lösung eines tatsächlichen Problems. Nehmen wir zur Veranschaulichung das Beispiel des oben genannten Textilunternehmens, das seine Strategie verändern will, aber nicht weiß, ob die Führungskräfte dazu in der Lage sind, diese umzusetzen.

In solchen Fällen raten wir grundsätzlich von einem klassischen Audit ab, sondern konzipieren einen Strategieklärungsprozess bei dem gleichzeitig eine Standortbestimmung der Führungskräfte integriert ist. Bei diesem Prozess arbeiten die Führungskräfte daran, wie die neue Strategie ganz genau aussieht und welche Konsequenzen diese für die gesamte Organisation hat. Anschließend übersetzen die Führungskräfte die Unternehmensstrategie individuell für ihren jeweiligen Verantwortungsbereich. Am Ende des Prozesses erhalten die Führungskräfte dann strukturiertes Feedback, wie sie einzeln und als Team die Aufgabe bewältigt haben. Durch diese Verzahnung von Strategieklärung und Potentialeinschätzung entsteht ein äußerst realistisches Bild für beide Seiten und man hat gleichzeitig ein inhaltliches Thema bearbeitet.

Dass die Potentialeinschätzung der Führungskräfte Teil des Prozesses ist, wird dabei selbstverständlich von Anfang an transparent gemacht. Es soll kein heimliches Audit durch die Hintertür werden. Allerdings verfolgt diese Potentialeinschätzung das Ziel, etwaigen Entwicklungsbedarf für den Einzelnen und das Team im Hinblick auf die Umsetzung der Strategie aufzuzeigen. Und anschließend folgen dann auch Entwicklungsmaßnahmen, die vom Unternehmen unterstützt werden Das ist ein signifikanter Unterschied gegenüber dem Eindruck, dass es um ein Selektions-Audit geht, an dessen Ende der Daumen nach oben oder unten gerichtet wird.

Bei externen Kandidaten und einem Auswahl-Audit ist die Situation natürlich eine andere. Aber auch hier kann man die Menschen an konkreten Fragestellungen arbeiten lassen, die das Unternehmen derzeit bewegen und die die Kandidaten auch später tatsächlich bewältigen müssten. Dies erschafft einen großen Mehrwert im Vergleich zur Arbeit an fiktiven Business Cases.

3. Sich auf Augenhöhe begegnen und Vertrauen schaffen

Wenn Menschen andere Menschen beurteilen, entsteht immer ein Machtgefälle. Das liegt ein Stück weit in der Natur der Sache und ist zunächst auch nicht tragisch. Um einen möglichst realitätsnahen Eindruck zu bekommen und auch eine gute Basis für die zukünftige Zusammenarbeit zu schaffen, ist es aber entscheidend, den Themen "Augenhöhe & Vertrauen" besonderes Augenmerk zu widmen.

Die beiden vorherigen Punkte (Einbindung & Realitätsnähe) schaffen hierfür schon ein hervorragendes Fundament. Dadurch, dass die Führungspersonen des Unternehmens nicht nur beobachtend am Rand sitzen, ändert sich die Dynamik schon ganz enorm. Und dadurch, dass realistische Fragestellungen diskutiert werden, die im Erfahrungsbereich des zu bewertenden Kandidaten liegen (sollten), entsteht hier automatisch eine sehr gute Voraussetzung auf Augenhöhe zu operieren. Der Aspekt, der für eine Vertrauensatmosphäre hinzukommt, ist die Haltung des Audit-Teams – vor allem bei internen Audits.

Geht es um eine Potentialeinschätzung, mit der anschließenden Absicht Entwicklungsfelder zu bearbeiten und die Führungskraft zu unterstützen, oder geht es um "Daumen hoch oder runter"? Dies vor Beginn des Prozesses zu reflektieren ist entscheidend, weil sich dies im Verhalten und der Kommunikation des Auditteams niederschlägt.

Dies bedeutet im Übrigen nicht, dass es trotz dieser Haltung am Ende des Prozesses nicht dennoch dazu kommen kann, dass die Führungskraft eine völlig andere Rolle im Unternehmen übernimmt, weil das individuelle Profil nicht zu den Anforderungen der Rolle passt. Und evtl. verlässt dieser Mensch sogar das Unternehmen.

Durch die Realitätsnähe und die Intensität des vorab geschilderten Prozesses ist diese Notwendigkeit zur Veränderung dann jedoch allen Beteiligten so deutlich geworden, dass es nicht als willkürliche Entscheidung oder als Versagen wahrgenommen wird, sondern als mangelnde Passfähigkeit zwischen Rollenanforderungen und individuellem Kompetenzprofil. Dieses Ergebnis ist aber unserer Erfahrung nach bei internen Audits eher die Ausnahme. Und durch die Klarheit des Ergebnisses ergibt sich dann eine ganz andere Strahlkraft auf den Rest des Teams als bei einer intransparent wirkenden Entscheidung manch anderer Prozesse.

Und auch bei externen Kandidaten gilt: Selbst wenn es hier natürlich um Auswahl geht, ist es entscheidend, das Audit als beidseitige Bewerbung zu verstehen – also auch als Bewerbung des Unternehmens gegenüber dem Kandidaten. Wenn man mit dieser Haltung an die Gespräche geht, spüren die Kandidaten das. Dabei ist es vielleicht auch nicht unwichtig, sich in Erinnerung zu rufen, dass auch abgelehnte Kandidaten berichten werden, wie der Prozess gelaufen ist, was sich auf den Ruf des Unternehmens auswirken dürfte. Gerade auf der Ebene von Top-Führungskräften ist dies sicherlich kein unwichtiger Faktor.

Wenn diese Faktoren zusammenkommen, entsteht Relevanz, Realitätsnähe und eine Vertrauensbasis. Und dann stehen die Chancen gut, dass kein Komet mehr verglühen muss...

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Thorsten Voigt
Verfasst von
Thorsten Voigt
thorsten.voigt@bridge-brain.com

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