Prozessgestaltung sollte die Umsetzung der formulierten Strategie und damit die Erfüllung der Kundenbedürfnisse unterstützen!
Prozesse aktiv zu gestalten hilft dem Unternehmen sich stringent auf Kunden auszurichten, Kosten zu senken und die Qualität seiner Leistungen zu steigern. Das klingt toll, stellt Unternehmen in der Praxis aber vor einige Herausforderungen. Ein Hauptproblem liegt darin, dass Prozessgestaltung häufig isoliert von anderen Stellgrößen einer Organisation gesehen wird. Um aber erfolgreich zu sein, braucht es ein Verständnis dafür, dass Prozesse nur eines von mehreren Gestaltungselementen der Organisation sind. Prozessgestaltung sollte die Umsetzung der formulierten Strategie und damit die Erfüllung der Kundenbedürfnisse unterstützen. Dieser Blog-Beitrag greift dieses Thema auf und gibt Einblicke wie eine zielführende Prozessgestaltung gestaltet werden kann.
Um einen Prozess gestalten zu können, muss man zunächst einmal wissen, was ein Prozess genau ist. Ganz allgemein kann man Prozesse als Verkettung von Aktivitäten, um mit einem definierten Einsatz ein definiertes Ziel zu erreichen, verstehen (Klimmer 2012).
Diese Definition beinhaltet zwei wichtige Aspekte, die es bei der Prozessgestaltung zu beachten gilt:
Prozesse sind auf die Ziele eines (internen oder externen) Kunden ausgerichtet und betrachten das Unternehmen daher eher horizontal. Konkret heißt dies, dass es bei der Prozessgestaltung weniger um „die Entgegennahme des Antragsformulars“ als um die „Auftragsabwicklung insgesamt“ geht und der Blick über Bereichsgrenzen hinweg zu richten ist. Betrachten wir das Beispiel einer Versicherung, bei der ein potenzieller Kunde sich für ein Angebot für eine Gebäudeversicherung interessiert. Für den Kunden ist entscheidend, dass er ohne großen Aufwand innerhalb kürzester Zeit ein wettbewerbsfähiges Angebot, das seinen Bedürfnissen entspricht, erhält und im Falle eines Abschlusses einen dem Angebot entsprechenden Vertrag. Dabei ist es dem Kunden egal, ob seine Antragsinformationen zuerst im Bereich Neukundenservice bearbeitet und dann zur Vervollständigung in den Bereich Kalkulation weitergeleitet werden, um anschließend im Bereich Bestandskunden betreut zu werden. In der Praxis wird dieser zielorientierte und bereichsübergreifende Blick häufig vernachlässigt und beispielsweise das „Webformular zur Angebotserstellung“ aus Sicht eines einzelnen Bereichs optimiert.
Ein Unternehmen kann also als Netzwerk von Prozessen verstanden und so ausgerichtet werden.
Für die Gestaltung ist daher im Weiteren wichtig, sich zunächst einen Überblick über alle vorhandenen Prozesse zu verschaffen. Wesentliche Unternehmensprozesse sind zu benennen und sie z.B. im Rahmen einer Prozesslandkarte grob in Kern-, Führungs- und Supportprozesse einzuteilen.
Daran anschließend gilt es, die Prozesse auszuwählen, die man verändern möchte. Auswahlkriterien können beispielsweise sein:
• Prozesse mit bekannten Problemen, wie zum Beispiel viele Schnittstellen, die viel Informationsaustausch bzw. Überprüfung erfordern.
• Die Wichtigkeit der Prozesse hinsichtlich der Erfüllung der Ziele und Strategien des Unternehmens. Hilfreich hier ist die Einordnung in ein Prozessportfolio, das beispielsweise den Einfluss auf den wahrgenommenen Kundennutzen und den Unternehmenserfolg in einer Vier-Felder-Matrix dargestellt. Im Fokus der Gestaltung sollten dann zunächst alle Prozesse mit einer hohen Ausprägung in beiden Bereichen sein.
• Jede Prozessgestaltung führt zu Veränderungen im Unternehmen und damit auch zu einer Belegung von Ressourcen und fordert von den betroffenen Mitarbeitern Änderungs- und Lernbereitschaft. Bei der Auswahl ist deshalb auch immer zu berücksichtigen, dass nicht zu viele Veränderungen auf einmal angestoßen werden und wie die Machbarkeit und Erfolgschancen eingeschätzt werden. Weniger ist mehr!
Wir bei BrideBrain sehen das Thema Prozessgestaltung bzw. Optimierung immer in einem ganzheitlichen Rahmen.
Die Kernfrage lautet: Unterstützen die vorliegenden Prozesse die Umsetzung der Strategie oder macht es die Organisation eher träge bzw. langsamer?
Dafür nutzen wir u.a. für den Einstieg in die Prozessgestaltung das Online Tool BOBB.
Folgende Fragen werden dabei nacheinander auf dem virtuellen Board beantwortet:
1. Welche Prozesse gibt es bei uns?
2. Welche Prozesse sind fehlerhaft, nervig, schlecht definiert oder unnötig?
3. Worin genau liegt das Problem? (Ursachenanalyse)
4. Wie gehen wir damit um?
Die vierte Frage mündet in ein lösungsorientiertes Vorgehen. Soll der Prozess komplett neu aufgesetzt werden (START)? Soll er abgeschafft werden (STOPP)? Soll er entsprechend der Ursachenanalyse angepasst werden (CHANGE)? Oder soll der Prozess wie gehabt fortgeführt werden, z.B. weil der Anpassungsaufwand den erwarteten Nutzen übersteigt (CONTINUE)?
Alle Prozesse, die START oder CHANGE zugeordnet werden, sind hinsichtlich verschiedener Dimensionen wie Kosten, Auslastung, Produktivität, Qualität oder Zeiten zu bewerten.
Dazu macht es Sinn, die Prozesse detaillierter darzustellen und dann zu beleuchten. Dies kann mit einer Vielzahl von Analysemethoden und -Instrumenten, die situationsabhängig ausgewählt werden sollten, vorgenommen werden. Bei der Auswahl ist erneut wichtig, das Ziel der Prozessgestaltung, die Unterstützung der Strategieumsetzung, im Blick zu haben. Betrachten wir noch einmal unser Beispiel des Versicherungsunternehmens. Steht ein Qualitätsversprechen im Fokus der Strategie, das beispielsweise einschließt, dass jeder (potenzielle) Kunde innerhalb von 2 Tagen eine Antwort auf seine Anfrage erhält, so sollte eine Analyse der Schnittstellen und Durchlaufzeiten pro Prozessschritt durchgeführt werden. Fokussiert das Unternehmen seine Strategie darauf, kostengünstig am Markt aufzutreten, so macht eine Detailanalyse der Kostentreiber Sinn.
Die Ergebnisse der Analyse sind die Basis für die abschließende Neugestaltung der Prozesse. Wichtig hierbei ist es, immer die Auswirkungen auf die anderen Faktoren der Organisation und deren Zusammenspiel im Auge zu behalten.
Werden Prozesse sehr restriktiv gestaltet, gibt das Klarheit, reduziert aber die Gestaltungsspielräume und auch die Eigenverantwortlichkeit der Mitarbeiter. Dies passt beispielsweise gut zu einer manifesten und eher hierarchisch geprägten Struktur und einer Kultur, die stark auf formalen Regeln beruht. Ist das unternehmerische Umfeld starken Veränderungen unterworfen und positioniert sich das Unternehmen deshalb strategisch als Innovator, so sind kreative Gestaltungsspielräume und eine Kultur, die eher auf informalen Regeln wie definierten Grundwerten beruht, wichtig. Restriktiv gestaltete Prozesse wären hier hinderlich.
Abschließend kann festgehalten werden, dass es entscheidend ist, beim Design der Prozesse den Blick darauf nicht zu verlieren, was Prozesse am Ende bewirken sollen: Die Umsetzung der Strategie zu unterstützen.